Offener Brief an das Innenministerium Bayern
Sehr geehrter Herr Innenminister Herrmann,
nachdem Sie leider weder über Ihr Ministerium noch über Ihre Partei für uns zu erreichen sind, wende ich mich mit diesem offenen Brief an Sie.
Tagein, tagaus gibt es Vermisstenfälle in Bayern. Dazu gehören jegliche Arten von Menschen aus jeder Altersschicht. Die Gründe für das Verschwinden sind ebenso vielschichtig und jeder Fall ist meist anders gelagert. Eine Sache ist aber bei allen Fällen gleich.
Das Innenministerium Bayern hat der Polizei untersagt, dass Sie Hilfe von privaten Organisationen bei der Vermisstensuche in Anspruch nehmen dürfen. Die Begründung lautet „Datenschutz“ und man hätte ja eigene Drohnen.
Nehmen wir den aktuellen Fall des vermissten Mädchens im deutsch / tschechischen Grenzgebiet. Jede Zeitung und auch das Fernsehen hat Bilder des Mädchens veröffentlicht und die Polizei hat, wie in vielen Fällen die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Das Datenschutzthema ist also schon mal hinfällig.
Ja, die Polizei hat eigene Drohnen und das ist auch gut so und darf gerne noch weiter ausgebaut werden. Wenn ich dann aber mitbekomme, dass bei einer Vermisstensuche die Polizei mit einer Drohne anrückt, die nur ein Realbild hat, mache ich mir durchaus so meine Gedanken. In einem Maisfeld finden Sie mit dieser Variante nichts.
Es gibt jetzt noch viele Fälle, die ich jetzt auflisten könnte. Jeder einzelne davon ist mit Aussagen von Familienangehörigen belegbar.
Wir, der Verein RETTUNGSNETZWERK e.V., haben gerade in Bayern, aber auch bundesweit, Mitglieder, die ihre Zeit und ihr Equipment (UAS und ROV) in den Dienst der Hilfeleistung für Andere stellen. Weder von der technischen Ausrüstung noch vom Ausbildungsstand stehen wir den BOS Einheiten in nichts nach. Das liegt unter anderem auch daran, dass ein Teil unserer Mitglieder selber aus BOS kommen bzw. auch die Ausbildung für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst übernehmen.
Um auf unsere Leistungsfähigkeit hinzuweisen und auch zur verbesserten Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichsten Organisationen, haben wir am 09.10.2021 Bayerns größte Drohneneinsatz-Übung in Unterschleißheim bei München organisiert und durchgeführt. Dazu hatten wir auch die Abteilung Einsatz des Polizeipräsidiums und das Innenministerium eingeladen. Während nahezu alle BOS Arten mit insgesamt 90 Teilnehmern (BF, FFW, THW, ASB, BRK, THW, BHR, JUH) an dem Termin teilgenommen haben und teilweise sogar aus Süd-Brandenburg angereist waren, fehlte vom Ministerium und der Polizei jegliche Spur. Gegenüber einem Verlag, der über die Veranstaltung berichten wird und im Vorfeld schon mal recherchiert hat, ließ das Innenministerium wohl verlauten, dass man sich mit einer privaten Organisation nicht beschäftigen würde.
Sehr geehrter Herr Herrmann, stellen Sie sich vor, Sie wären eine ältere, vielleicht demente Person, die auf Medikamente angewiesen ist und Sie haben sich bei einem Spaziergang verirrt. Vielleicht haben Sie sich bei einem Sturz auch noch das Bein verletzt und können nicht weitergehen. Wenn Ihnen diese Vorstellung nicht behagt, nehmen Sie mal an, Sie wären ein Angehöriger dieser Person.
Würden Sie sich nicht auch wünschen, dass möglichst jede verfügbare Option für die Suche eingesetzt wird?
Zeit ist bei Vermisstensuchen ein kritischer Faktor. Zum einen kann die Person sich noch weiter wegbewegen, ohne Medikamente in eine medizinische Notlage kommen, oder bei kalten Außentemperaturen sehr schnell in eine Unterkühlung kommen.
Setzt man jetzt als Einsatzleiter (Polizei) zwei Drohnen ein, können diese in einer Stunde ein gewisses Gebiet absuchen. Würde man aber deutlich mehr Drohnen einsetzen, wäre das Gebiet ungleich größer. Ja, wir wissen, dass die Polizei auch Hubschrauber hat. Aber diese können auch nicht überall hinschauen und haben nur einen gewissen Einsatzzeitraum, bevor sie wieder zum tanken müssen.
Kommen wir wieder zurück zu Ihrer eingenommenen Position als Angehöriger. Was würden Sie denken, wenn Sie erfahren, dass wesentlich mehr Technik und geschultes Personal für die Suche nach Ihrem Opa, Oma, Kind zur Verfügung gestanden hätte? Was würden Sie vor allem denken, wenn Sie das erfahren und die Suche davor ein trauriges Ende genommen hat?
Die Politik fordert die Bürger immer wieder auf sich zu engagieren, anderen zu helfen und füreinander einzustehen, egal welche Religionszugehörigkeit, Hautfarbe, Nationalität usw.. Genau das tun die Mitglieder des RETTUNGSNETZWERK e.V.. Sie helfen ehrenamtlich da, wo Menschen in Not geraten sind. Diese Hilfe stellen wir weder der Polizei, auch wenn uns das bei einem Einsatz schon mal angeboten wurde, in Rechnung und schon erst recht nicht den Angehörigen, mit denen wir bei so einem Einsatz ja nicht mal in Kontakt kommen.
Nun würde es uns freuen, wenn Sie sich unsere Worte aus Sicht der Betroffenen, aber auch aus Sicht als Innenminister von Bayern zu Herzen nehmen und über die Entscheidungen in Ihrem Ministerium nachdenken. Glauben Sie mir bitte eines, auch die unteren Ränge in der Polizei würden sich oftmals wünschen, dass sie uns zur Unterstützung hinzuziehen könnten. Das erleben wir immer wieder in den Gesprächen, wenn wir bei der örtlich zuständigen Polizei unsere Hilfe anbieten.
Für Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.